2004

Verbandsorden des FVF 2004

  • Bernd Arnold,
  • Steffen Beck

Die Geschichte der Fastnacht in der Bildsprache ei

Die Geschichte der Fastnacht in der Bildsprache eines Frieses

Schon seit Monaten ist er ein Besuchermagnet in der Großen Kreisstadt Kitzingen, der Geschichtsfries, der seit Sommer 1999 die Fassade des künftigen neuen Domizils des Zentralarchivs der Deutschen Fastnacht in der Rosenstraße 10 schmückt. Er führt dem sachkundigen Betrachter die historische Entwicklung der Fastnacht im deutschsprachigen Raum in einer bunten Bilderfolge anschaulich vor Augen.

Angeführt wird die Figurenfolge vom Vortänzer eines antiken Festzuges, der mit Comödienmaske, Thyrosstab und Efeuumrankung an die allem späteren vorangegangenen Freudenfeste der Luvercalien, Saturnalien und Bacchanalien erinnert. Diese Feste vermittelten um die Zeitenwende auch den Bewohnern in den germanischen Provinzen des römischen Weltreiches einen ersten Vorgeschmack auf die Freuden eines ausgelassenen Festtreibens.

Gleich hinter ihm hebt ein frühmittelalterlicher Schalksnarr geradezu beschwörend seine Hände, als wollte er dies antik-exotische Treiben deutlich von den nachfolgenden Fastnachtserscheinungen abgrenzen. Mit dieser Geste spricht er manchen Wissenschaftlern heute ganz aus der Seele.

Die ihm auf dem Fuße folgenden drei eindrucksvollen Gestalten, ein Perchtenteufel, ein wilder Mann und eine Hexe, symbolisieren Inhalte und Motive der Fastnacht aus der Sicht des Christentums. Für dieses war das vordergründig auf Essen, Trinken und Tanzen ausgerichtete Geschehen ein Ausdruck menschlicher Sündhaftigkeit und Weltverlorenheit, damit aber eine Welt der Antichristen und einer gottfernen, verkehrten Welt.

Die sich anschließende Dreiergruppe der Fasenickl und des Schembartläufers steht stellvertretend für die sich im hohen Mittelalter in den Marktflecken und Städten erstmals bildenden selbständigen Fastnachtsgruppen.

Im Zentrum der Figurenfolge tanzt unbekümmert ein Bauernpaar, das sich mit Kochkessel und Kopfkissen, Eierkette und Stiefel in einen Ritter und ein Edelfräulein verwandelt hat und in vollen Zügen die Möglichkeit genießt, wenigstens an einem Tage des Jahres die strengen Vorschriften der Kleiderordnung unbeachtet zu lassen.

Hinter diesem Paar streckt ein Hofnarr weise und strenge zugleich seinen Zeigefinger in die Höhe, als wolle er deutlich machen, dass auf die relativ freie und ungezwungene Volksfastnacht des Mittelalters nunmehr die von strengen Vorschriften und Etiketten beherrschte Epoche des höfischen Carnevals folge. Das in venezianischen Ballroben und weißen Halbmasken dargestellte Kostümpaar symbolisiert diese Aera. Der sich verschämt anhängende Harlekin macht deutlich, dass sich auch die umherziehenden Volksbühnen der “comedia d’ell arte” das im Volk vorhandene Bedürfnis nach Unterhaltung und Kurzweil zunutze machten und die höfischen Vorbilder in die Sprache des einfachen Mannes zu übersetzen verstanden.

Als Letzter in dieser Gruppe präsentiert sich ein alemannischer Weißnarr, dessen äußere Erscheinung unschwer erkennen lässt, wie stark höfische Schmuckformen in dieser Epoche in die Kostümbräuche der Fastnacht übernommen wurden.

Die letzten vier Personen des Frieses stehen für die bürgerliche Epoche des Karnevals, die mit dem Erscheinen des “Helden Karneval” zu Köln a. Rh. im Jahre 1823 ihren Anfang nahm. Der zu Füßen des Helden sitzende Narr reicht diesem eine Komiteemütze, die am Ende einer langen historischen Entwicklung in weiten Teilen Deutschlands heute zum verbreitetsten Ausstattungsrequisit im Karneval geworden ist.

Ein behäbiger Ranzengardist bereitet dem zum Schluss folgenden Hanswursten den Weg, der mit seinem Besen all das aufkehrt, was seine Vorläufer auf ihrem Weg durch die Zeiten absichtlich und unabsichtlich verloren haben und was heute als Dokumente und Sachgüter im Zentralarchiv der Deutschen Fastnacht für kommende Generationen aufbewahrt wird.