2001-11-07 Mainpost

Hofroi, Gööckerschlag und Kermeswurscht

Schönau (ZIR) Der Martinstag fällt heuer genau auf einen Sonntag. Und seit fast 250 Jahren ist festgelegt, dass am Sonntag nach Martini Kermes gefeiert wird. So auch in der Rhön.

Wo bis ins 18. Jahrhundert in den fränkischen Landen Kirchweih gefeiert wurde, geschah dies teilweise mit überschäumender Freude, mit übermäßigem Genuss an Speis und Trank, an die sich teils andere Ausschweifungen anschlossen.

Das war nicht gerne gesehen, zogen doch die jungen Leute in Nachbardörfer und blieben des öfteren ihrer Tagesarbeit fern. Die Kirchen waren nicht der Anziehungspunkt der Feiernden, lamentierten die Pfarrer, nur die Tanzböden und Wirtshäuser seien übervoll.

Auch kam es zu Reibereien und Raufereien, so dass immer wieder die Obrigkeit einschreiten musste. Das war schließlich dem Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim in Würzburg zu viel und er gab am 8. Januar 1764 die Verordnung bekannt, dass die Kirchweihfeiern im ganzen Würzburgischen Lande am Sonntag nach Martini abzuhalten sind. Dadurch wurde dem "Schwelchen", den "Raufereyen" und "Unordnungen" Grenzen gesetzt.

Später war es die Regierung des Großherzogtums und die Regierung von Unterfranken, die diese Regelung beibehielt. Heute halten sich viele Gemeinden in der Rhön nicht mehr an diese Regelung, die bis zum heutigen Tage noch nicht außer Kraft gesetzt wurde. In Schönau wurde allerdings nie daran gedacht, die Kermestage zu verlegen.

Die Kermesleut haben deshalb wieder organisiert und geübt, um die drei Kermestage vom Samstag, 10. November, bis Montag, 12. November, für das ganze Dorf zu einem richtigen Fest zu machen. Elf Kermespaare sind es heuer, die sich diesem Dauerfeierstress unterziehen wollen. Zum zweiten Mal hält Andreas Zirkelbach als Öwerkermesborsch ein waches Auge über die Veranstaltungen, damit sie auch ordnungs- und kermesgemäß verlaufen. Ihm zum Seite steht heuer erstmals Thomas Griebel.

Die Kermespaare sind: Sandra Deget und Steffen Beck, Marina Scholz und Simon Griebel, Karolin Zirkelbach und Benjamin Lenhard, Christiane Stäblein und Christoph Stäblein, Linda Schubert und Christian Nöth, Tanja Stäblein und Tobias Walter, Silvia Braun und Peter Motz, Jenny Rother und Joachim Reubelt, Jessica Enders und Manuel Müller, Natascha Walter und Thomas Griebel, Corina Stäblein und Andreas Zirkelbach.

Los geht es mit Marschmusik und dem Einholen des Kermesbaumes durch die Kermespaare am Samstag um 15 Uhr. Dann tanzen die Kermespaare um den Baum, der Öwerkermesborsch hält seine Kermesred und für die Kinder gibt es Süßigkeiten. Am Abend spielen the Rockys ab 1930 Uhr zum Kermestanz im Kolpingsaal auf.

Der Sonntag beginnt mit einem Gottesdienst um 10 Uhr, anschließend wird im Kolpingsaal gefrühschöppelt. Die Burschen müssen sich etwas Mut antrinken, weil das Mittagessen bei ihren Mädels wartet. Das Überreichen des obligatorischen Blumenstraußes an die Kermesmutter ist auch nicht jedermanns Sache.
Aber wenn die Zigarre vom Kermesvodder in Empfang genommen und der doppelte Schnaps getrunken ist, sieht die Welt des öfteren auch schon wieder recht doppelt aus. Beim Hofroi können sich die Burschen den Alkoholspiegel wieder aus den Beinen tanzen.

Die Mädchen spendieren beim Besuch auf dem Hof einen Kuchen und die Wurstgabel bekommt eine dicke Kermeswurscht angehängt. Auch die Zaungäste gehen nicht leer aus, sie dürfen den Kermeskuchen an der mobilen Kaffeebar versuchen. Mit dem Gisser bekommen die Kermeseltern noch einige Schlucke eingetrichtert. Den Abschluss des Hofroi feiern die Kermesleute beim Bürgermeister, der sich nicht lumpen lässt und die größte Wurscht für die Nachfeier spendiert. Ab 18 Uhr wird im Sportheim beim Kermesessen weiter gefeiert.

Den Abschluss feiern die Kermesleut am Montag Abend um 17 Uhr mit dem traditionsreichen Gööckerschlag. Im Kolpingsaal gibt es anschließend für alle Kesselfleisch.